Biography

Anastasia Khoroshilova (*1978 in Moskau) kämpft mit ihren Fotografien gegen das Vergessen an. So hat die in Deutschland lebende Künstlerin in ihrer fotografischen Serie „Starie Novosti“ jene Frauen porträtiert, die ihre Kinder durch die tragische Geiselnahme der Schule in der Kaukasus-Stadt Beslan im September 2004 verloren haben. Die fast lebensgroßen farbintensiven Frauenporträts entstanden 2010, als die Künstlerin nach Beslan reiste. Khoroshilova  möchte damit aufzeigen, wie kurz die mediale Aufmerksamkeit anhielt und wie schnell diese menschliche Tragödie vergessen wurde, obwohl das Geiseldrama die Welt in Schock versetzte.

Bereits 2005, kurz nach dem Geiseldrama beschäftigte sich die Fotografin zum ersten Mal mit der Tragödie. Kurz nachdem sie ihr Studium bei Jörg Sasse an der Folkwang-Schule in Essen (1999-2004) beendet hatte, fuhr sie nach Bad Tölz in Bayern, wo einige der Geiselkinder mit Eltern eine Rehabilitationskur machten. So entstand die Serie „Out of Context“, bei der die sprachlosen und traumatisierten Kinder vor der heilen Bergkulisse der bayerischen Alpen aufgenommen wurden. Eine Diskrepanz, die noch dadurch verstärkt wurde, dass die Eltern ihre Kinder in deren besten Sonntagskleider, oder auch in die mitgebrachten Nationaltrachten kleideten.

Für die Serie Russkie (2007) bereiste Khoroshilova das ländliche Russland und fand dabei „Eine Welt jenseits aller medialen Aufgeregtheit, jedes schnellen Massenkonsums und jeder virtuellen Vernetzungshysterie“ vor. Die Porträtierten entschieden selbst, wie sie abgebildet werden wollten und inszenierten sich umgeben von ihren alltäglichen Gegenständen und deutlich sichtbar an Kleidung und Details als Zugehörige zu einer ethnischen Minderheit.

Damit spürt die Fotografin dem wiedererwachenden Multikulturalismus des Vielvölkerstaates Russland. Herausgekommen sind dabei Aufnahmen, die die westlichen Vorurteile über „die Russen“ als homogene Gruppe über den Haufen werfen.

Das Interesse für soziale und ethnografische Fotografie hat Khoroshilova schon früh entwickelt, beeinflusst auch durch die eigene Geschichte. Als Fünfzehnjährige verließ die Künstlerin Moskau und kam auf ein Internat in Norddeutschland. Die Erfahrung des Anders-Seins, der Fremde und zusätzlich noch der spezifischen Isolationssituation des Internates, haben ihren Blick für die Anderen, die Minderheiten geschärft.